Archiv für das Tag 'Stammzellenforschung'

Stockholm, 8. Oktober 2012 – Die Nobelpreiswoche 2012 ist wieder eröffnet!

Der Nobelpreis für Medizin und Physiologie 2012 geht an zwei Stammzellenforscher, an den britischen Biologen Sir John Bertrand Gurdon (*1933, Dippenhall, Hampshire, GB) und an den japanischen Mediziner und Stammzellenforscher Shinya Yamanaka (*1962, Ōsaka, Japan). Sie erhalten die Auszeichnung auf dem Gebiet der Zellforschung für ihre Entdeckung, dass pluripotente Stammzellen aus der Reprogrammierung reifer Zellen erhalten werden können.

Der Biologe John B. Gurdon arbeitete lange Zeit als Professor an der Universität Cambridge in England. Bereits 1962 entdeckte er, dass die Zelldifferenzierung reversibel sein kann. Dazu verpflanzte Gurdon nur den Zellkern einer ausdifferenzierten Körperzelle aus dem Darm eines Krallenfrosches in die entkernte Eizelle eines anderen Krallenfrosches (siehe Bild unten). Aus dieser nun befruchteten Eizelle entwickelte sich das erste geklonte Tier. Weitere geklonte Tiere sollten später folgen, besonders berühmt wurde 1997 das Schaf Dolly.
Shinya Yamanaka ist Professor für Medizin an der Universität Kyōto in Japan. Er entwickelte 2006 eine Methode zur Gewinnung von induzierten  pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) aus der „Reprogrammierung“ von Bindegewebszellen (Fibroblasten) aus Mäusen. Ihre Ergebnisse sind von herausragender Bedeutung sowohl in der Grundlagenforschung und sehr wahrscheinlich auch in der zukünftigen medizinische Anwendung auf dem Feld der sogenannten Stammzellentherapie. Yamanaka wurde bereits mit vielen Preisen ausgezeichnet.

Hintergrund: Stammzellen besitzen als eine Art allround-Vorläuferzellen die Möglichkeit sich zu spezialisierten Körperzellen (z.B. Hautzelle, Nervenzelle) zu differenzieren. Pluripotente Stammzellen haben die Möglichkeit sich zu vielen unterschiedlichen Organzellen ausdifferenzieren zu können, und sie sind daher von größtem medizinischen Interesse, etwa zum Wiederaufbau zerstörter Zellen. Embryonale Stammzellen (ES) sind pluripotent und werden aus Embryonen gewonnen, was ethisch sehr umstritten ist. Induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) können dagegen aus reifen Organzellen (z.B. Leberzellen oder Blutzellen) ethisch unproblematisch gewonnen werden, indem bestimmte Gene (die auch in embryonalen Stammzellen vorkommen) in diese ausdifferenzierten, reifen Zellen per Retrovirus geschleust werden. Diese eingeschleusten Gene bewirken, dass die so induzierten Zellen sich wieder zu Stammzellen (rück-) entwickeln. Es wird also eine Art zellbiologische Reprogrammierung erreicht. Diese von Yamanaka und seiner Forschergruppe 2006 entwickelte Methode gilt als bahnbrechend und spektakulär, weil sie inzwischen auch auf menschliche Zellen anwendbar ist und auch weil sie keine Embryonen „verbraucht“.

Krallenfrosch (Bild: Peter Halasz, auf Wikipedia zu Krallenfrosch)

Krallenfrosch - das erste, von Gurdon geklonte Tier (Bild: Peter Halasz)

Das Preisgeld wurde dieses Jahr als Sparmaßnahme (!) um ein Fünftel von 10 auf 8 Mio Schwedische Kronen (ca. 930.000 €) gesenkt.

Die Preisübergabe erfolgt im Rahmen einer großen Feier am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels.

Weblink (mit Bildern):
http://nobelprize.org/nobel_prizes/medicine/laureates/2012/ (Seite der Nobelstiftung)

Die Nobelpreisträger für Medizin und Physiologie im Jahr 2007 sind: Mario Capecchi, Martin Evans und Oliver Smithies. Sie teilen sich den Nobelpreis für ihre grundlegenden Entdeckungen zum Einbau veränderter Gene in Mäusen (Knockout-Mäuse) über embryonale Stammzellen.

Der italienisch-amerikanische Chemiker und Biophysiker Mario Capecchi (*1937 in Verona, Italien), zuletzt Professor an der Universität Utah, promoviert 1967 in Harvard bei James D. Watson, dem Entdecker der Struktur der Doppelhelix der DNA. Capecchi wird zusammen mit dem britischen Biochemiker Oliver Smithies (*1925 in Halifax, Engl., UK) für das Modell der Knockout-Maus bereits mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Wolf-Preis (2002). Der britische Molekularbiologe Sir Martin Evans (*1941 in Stroud, UK), lange Zeit führender Genetiker an der Universität in Cambridge, heute Professor an der Universität in Cardiff, ist Spezialist für genetische Stammzellentechnologie, eine Basis für die Erzeugung von Knockout-Mäusen.

Hintergrund:
Knockout-Mäuse sind genetisch manipulierte Mäuse, die bewußt erzeugte Anomalien und Defekte aufweisen, verursacht durch abgeschaltete Gene. Das Modell der Knockout-Maus ist als Tierversuch ein nützliches Studienobjekt in der medizinischen Forschung, um Anomalien und Krankheiten auf bestimmte, dafür verantwortliche Gene zurückführen zu können. Bei dieser Methode wird durch Einbringen von Mutationen in noch nicht differenzierte embryonale Stammzellen von Mäusen ein Gen „abgeschaltet“, d.h. so verändert, dass es bei Entwicklung des Organismus nicht mehr gelesen werden kann. Somit werden bestimmte Proteine nicht hergestellt und der Organismus hat Fehler, die nun auf das abgeschaltete Gen zurückgeführt werden können.

Weblinks (mit Bildern):
http://nobelprize.org/nobel_prizes/medicine/laureates/2007/ (Seite der Nobelstiftung)

http://nobelprize.org/nobel_prizes/medicine/laureates/2007/press.html (Pressemeldung der Nobelstiftung)